Wahrnehmen – das tun wir ständig – ob bewusst oder unbewusst. Sogar im Schlaf, in unseren Träumen. Doch was ist Wahrnehmung überhaupt und warum heißt es eigentlich, dass sie zu innerer Ruhe und Gelassenheit führen kann? Ich gehe dem in diesem Beitrag mal auf den Grund.
Wahrnehmung zu verstehen ist gar nicht so schwer – und das, obwohl Wahrnehmung ein ganz schön komplexes Thema ist. Und: Jeder kann wahrnehmen, es ist in uns und wir tun es meistens sogar ganz intuitiv.
Über unsere Sinne nehmen wir die Welt wahr
Wahrnehmung passiert über unsere Sinne – wenn wir sehen, riechen, hören, schmecken, tasten. Also über unsere Augen, unsere Nase, unsere Ohren, unsere Zunge und unsere Haut nehmen wir die Welt um uns herum wahr – das passiert häufig ganz automatisch. Das Beste daran ist: unsere Sinne arbeiten zusammen und ermöglichen unserem Gehirn so, die Wahrnehmungen zu verarbeiten und mit bereits vorhandenen Erfahrungen zu kombinieren.
Wusstest du, dass wir nahezu immer von viel mehr Reizen umgeben sind, als unser Gehirn verarbeiten kann? Das Tolle ist, dass wir angeborene Mechanismen besitzen, die viele Reize ausblenden können. Unser Körper schützt sich also automatisch vor Reizüberflutung und nur so können wir in unserer Umwelt überhaupt überleben.
Permanente Reizüberflutung vermeiden
Trotzdem gibt es Situationen, in denen auch unser Körper, insbesondere unser Gehirn der Reizüberflutung nicht mehr Herr wird. Wir merken das zum Beispiel daran, dass wir uns gestresst und erschöpft fühlen, hektisch sind oder aggressiv reagieren. Sind wir starken Reizüberflutungen über einen längeren Zeitraum ausgesetzt, tut das unserem Körper und unserer Psyche nicht gut und kann zu dauerhaften Konzentrationsschwierigkeiten oder sogar psychischen Störungen führen.
Übungen zur Wahrnehmung
Es kann deshalb hilfreich sein, die eigene Wahrnehmung einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und bewusst darauf zu achten, was jeder einzelne Sinn gerade wahrnimmt. Diese Bewusstheit kann – wenn sie gut und regelmäßig trainiert wird – zu innerer Ruhe und Gelassenheit führen, weil du so lernst dich auf bestimmte Wahrnehmungen zu fokussieren und diese Fokussierung gezielt einzusetzen. Du hilfst damit deinem Körper und deiner Seele, sich zusätzlich vor zu vielen Reizen zu schützen.
Vielleicht probierst du einfach einmal aus, was dir guttun könnte. Die folgenden Übungen helfen dir, deine Wahrnehmung zu trainieren, dich zu fokussieren. Ich bin neugierig darauf, welche Erfahrungen du machst. Schreibe gern deinen Kommentar in den Blog.
1. Wahrnehmen mit den Augen – visuell
Versuche ein paar Minuten, deine Konzentration ausschließlich auf die Wahrnehmung deiner Augen zu lenken. Einfach sehen und wahrnehmen, dabei nicht werten.
Das können zum Beispiel Situationen wie diese sein:
- Du liegst im Sand und schaust in den Himmel. Wolken ziehen vorbei, in ihren unaufhörlich sich verändernden Formationen.
- Du sitzt in einer grünen Frühlingsalmwiese und beobachtest kleinste Käfer, die an Blumenstielen und Grashalmen emporklettern.
- Du sitzt deinem besten Freund beim Kaffee gegenüber und siehst die tausendfach sich verändernden Fältchen und Grübchen in seinem Gesicht.
Das steckt dahinter: Damit wir überhaupt etwas sehen können, benötigen wir Menschen Licht. Denn mit unseren Augen nehmen wir das Licht auf, das Lebewesen, Dinge, Gegenstände etc. zurückwerfen, also reflektieren.
2. Wahrnehmen mit der Nase – nasal
Versuche ein paar Minuten, deine Konzentration ausschließlich auf die Wahrnehmung deiner Nase zu lenken. Einfach riechen und wahrnehmen, dabei nicht werten. Hilfreich ist es, dabei die Augen zu schließen.
Das können zum Beispiel Situationen wie diese sein:
- Du wanderst durch einen lichtdurchfluteten Nadelwald an einem warmen Frühlingstag.
- Du stehst morgens in deiner Lieblingsbäckerei und freust dich auf frische Brötchen.
- Du gehst an einem stürmischen Herbsttag am Meer spazieren.
- Du nimmst die silberne Kaffeedose aus dem Küchenschrank, öffnest sie und atmest tief ein.
Das steckt dahinter: Rund 350 verschiedene Duftstoffe können unsere Riechsinneszellen unterscheiden. Diese sitzen übrigens in den Schleimhäuten unserer Nasenscheidewand. Über unsere Nervenbahnen gelangen die Duftreize direkt in unser Gehirn.
3. Wahrnehmen mit den Ohren – auditiv
Versuche ein paar Minuten, deine Konzentration ausschließlich auf die Wahrnehmung deiner Ohren zu lenken. Einfach hören und wahrnehmen, dabei nicht werten. Ganz entspannt, vielleicht schließt du dabei deine Augen?
Das können zum Beispiel Situationen wie diese sein:
- Du stehst auf dem Rockkonzert und das Gitarrensolo zaubert Gänsehaut auf deine Arme.
- Deine kleine Tochter spricht die ersten Worte oder brabbelt fröhlich vor sich hin.
- Es ist noch kalt, aber ganz im Winternebel versteckt hörst du das erste Vogelgezwitscher.
Das steckt dahinter: Das Hörzentrum in unserem Gehirn empfängt elektrische Impulse, die in unserem Innenohr entstehen, wenn Schallwellen auf unser Trommelfell treffen.
4. Wahrnehmen mit der Zunge – gustatorisch
Versuche ein paar Minuten, deine Konzentration ausschließlich auf die Wahrnehmung deiner Zunge zu lenken. Einfach schmecken und wahrnehmen, dabei nicht werten. Ganz entspannt, vielleicht schließt du auch dabei deine Augen?
Das können zum Beispiel Situationen wie diese sein:
- Du nimmst ein frisches Stück knuspriges Brot in den Mund und versuchst es so lange wie möglich im Mund zu kauen. Welche unterschiedlichen Aromen und Geschmacksnuancen nimmst du wahr?
- Das gleiche wie oben kannst du natürlich mit jeglichem Lebensmittel machen. Nimm dir die Zeit und schmecke die Vielfalt der verschiedenen Aromen.
Das steckt dahinter: Auch für unseren Geschmack ist im Wesentlichen unser Gehirn verantwortlich. Denn dort landen die elektrischen Impulse, die entstehen, wenn die Geschmacksknospen in unserem Mund mit den Nahrungsmolekülen in Berührung kommen. Übrigens ist unser Geschmackssinn eng mit unserem Geruchssinn verknüpft.
5. Wahrnehmen mit den Händen und Füßen, mit der Haut – taktil
Versuche ein paar Minuten, deine Konzentration ausschließlich auf die Wahrnehmung deiner Haut, deiner Hände und Füße zu lenken. Einfach fühlen und wahrnehmen, dabei nicht werten. Ganz entspannt, vielleicht schließt du auch dabei deine Augen?
Das können zum Beispiel Situationen wie diese sein:
- Du spürst das laue Wasser des Ozeans durch deine Zehen rinnen und beim Laufen über den heißen Sand prickeln die Sandkörnchen unter deinen Fußsohlen.
- Du hältst die Hand eines Menschen und erfühlst die Wärme seiner Handflächen, die Strukturen der Nägel und der Haut und die Beweglichkeit seiner Fingergelenke.
- Du streichst mit deinen Händen ganz langsam über eine Tischplatte aus Holz und erspürst kleinste Unebenheiten mit den Fingerspitzen.
Das steckt dahinter: Unsere Haut ist das größte Sinnesorgan und versorgt unser Gehirn mit ganz unterschiedlichen Informationen. So nehmen spezialiserte Rezeptoren Berührung, Druck, Hitze, Kälte oder Vibration wahr.
Wie nimmst du am liebsten wahr? Über deinen Kommentar freue ich mich.
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